Der direkte Einfluss des Beschaffungswesens auf das Ergebnis, den Gewinn und letztlich den Shareholder Value eines Unternehmens ist zunehmend in den Fokus von Führungskräften gerückt. Deshalb benötigen Einkaufsabteilungen bei jedem einzelnen Schritt des Beschaffungsprozesses ausgefeilte Methoden und Instrumente zur Senkung der Gesamtkosten, zur Verbesserung der Qualität und zur Wertsteigerung.

Eines dieser Instrumente ist die Soll-Kosten-Analyse, das ein klares Verständnis für die spezifischen wirtschaftlichen Aspekte des Herstellungsprozesses eines bestimmten Produkts oder einer Dienstleistung vermittelt. Es handelt sich um eine komplexe Beschaffungstechnik, bei der die Rohstoff- und Verarbeitungskosten eines Bauteils modellhaft dargestellt werden, um einen Überblick über die Gemeinkosten, den Gewinn und die Effizienz eines Lieferanten bei der Herstellung zu erhalten. Voraussetzungen dafür, eine fundierte Soll-Kosten-Analyse erstellen zu können, sind ein gründliches Verständnis der betreffenden Industrie, des Sektors und der Rohstoffe, Fachkenntnisse in Finanzanalyse und Kostenrechnung sowie ein solides Verständnis von Marktvariablen wie Steuern, Vorschriften, Zöllen usw.

Hier ein Beispiel aus der Praxis:

Einige Komponenten können nicht vor Ort beschafft werden und müssen aus einem anderen Land oder Kontinent importiert werden. In diesem Fall müssen bei der Analyse des für den Kauf solcher Komponenten erforderlichen Betrags auch die Fracht- und Versicherungskosten berücksichtigt werden. Diese Kosten variieren stark und werden von einer Reihe von Faktoren beeinflusst wie z. B. dem Volumen und dem Gewicht der bestellten Komponenten, ob es sich um gefährliche oder hitzeempfindliche Güter handelt, der Art des Transports – zu Wasser, zu Land oder in der Luft – und der zurückgelegten Entfernung. Normalerweise richtet sich der Wert der Fracht nach dem Gewicht der Waren und nicht nach ihrem Wert. Das bedeutet, dass für technische Bauteile in der Regel höhere Frachtkosten anfallen als für Bauteile, die nicht so schwer sind, auch wenn sie von grösserem Wert sind. Hitze- und korrosionsempfindliche Bauteile können nur eingeschränkt transportiert werden und verursachen gleichzeitig höhere Frachtkosten, weil sie besonders sorgfältig verpackt und transportiert werden müssen. Bei der Kostenanalyse ist es wichtig, festzustellen, ob Frachtkosten anfallen und wie hoch der genaue Wert der Fracht ist, um sicherzustellen, dass nicht mehr Geld für den Versand des Bauteils als für das Bauteil selbst ausgegeben wird.

 

Fundierte Grundlage für Lieferantenverhandlungen dank Soll-Kosten-Analyse

Eine gute Soll-Kosten-Analyse bietet den Vorteil, bei Gesprächen mit Lieferanten eine fundierte Basis zu haben. Einkäufer:innen haben dadurch eine ungefähre Vorstellung davon, wie hoch der Marktpreis realistischerweise sein sollte. Dies ist eine ganz andere Verhandlungsgrundlage als wenn Einkaufsprofis einfach die vom Lieferanten angegebene Preiszusammensetzung akzeptieren müssen. In einer Situation zum Beispiel, in der die Kostenschätzungen der Einkäuferin oder des Einkäufers erheblich von denen des Lieferanten abweichen, ist es möglich, den Lieferanten mit Marktzahlen zu konfrontieren. Selbst wenn kein Konsens darüber besteht, lässt die Sachlage bis zu einem gewissen Grad Raum für eine Diskussion. Sollte keine Einigung zustande kommen, bleibt als weitere Lösung, auf einen anderen Lieferanten zuzugehen.

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass es ohnehin am besten ist, Angebote von mehreren Lieferanten einzuholen, um die einzelnen Marktprognosen zu vergleichen und die bestmögliche Entscheidung für die Organisation zu treffen. Wenn ein Unternehmen beispielsweise mit drei unabhängigen Lieferanten zusammenarbeitet und nach Einholung der Angebote feststellt, dass keiner von ihnen die «realen Einkaufspreise» erreicht, kann es einen weiteren Lieferanten ins Spiel bringen, um den Wettbewerb zu verschärfen. Das kommt letztlich dem Unternehmen zugute.

Um eine Soll-Kosten-Analyse erfolgreich durchzuführen und damit bestmögliche Einkaufspreise zu den bestmöglichen Lieferkonditionen inklusive weiterer Faktoren zu erzielen, empfehle ich, ausreichend Zeit in die Marktrecherche zu investieren. Wenn ein Unternehmen kein Personal hat, das über das Know-how oder die zeitliche Ressource verfügt, kann diese Dienstleistung problemlos an einen Dritten vergeben werden. Denn der Zweck der Soll-Kosten-Analyse besteht nicht darin, eine vollständig realistische Zahl zu erhalten, sondern vielmehr darin, bei der Verhandlung der Einkaufspreise dem Lieferanten einen Schritt voraus zu sein, unabhängig davon, ob die Soll-Kosten-Zahlen absolut genau sind.

 

Die Vorteile des Soll-Kosten-Modells auf einen Blick:

  • Verständnis einzelner Kostenelemente für ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung, einschliesslich Material, Arbeit, Energie, Kosten, eingesetzte Maschinen usw.
  • Bessere Verhandlungsgrundlage mit Lieferanten
  • Entscheidungen können auf Grundlage der verfügbaren Fakten getroffen werden und sind transparent
  • Niedrigere Gesamtkosten
  • Optimierung des Beschaffungsprozesses
  • In Verträgen können die wichtigsten Kostenfaktoren mit den Produktpreisen verknüpft werden

 

Gerne beantworte ich Ihre Fragen zu diesem komplexen Thema oder führe Soll-Kosten-Analysen für Sie durch. KONTAKT