Environmental Social Governance, kurz ESG, hat in Unternehmen Einzug gehalten und entwickelt sich zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Die drei Begriffe stehen für verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln, das zum Ziel hat, einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung zu leisten, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. In vielen Ländern wurden neue Lieferkettengesetze beschlossen und sind teilweise schon in Kraft gesetzt. Nicht nur die strengere Regulierung seitens des Staates, auch knapper werdende Ressourcen, zunehmender Druck von Umweltschutzorganisationen und steigende Anforderungen von Investor:innen sind gute Gründe, ESG ernst zu nehmen. Zusätzlich wird es Verbraucher:innen immer wichtiger, woher die Produkte, die sie kaufen, stammen, woraus sie hergestellt sind und unter welchen Arbeitsbedingungen sie produziert werden. Themen, die nicht nur die ganze Lieferkette – beginnend vom Rohstofflieferanten bis hin zur Käuferin oder zum Käufer –, sondern auch die Prozesse innerhalb eines Unternehmens betreffen.

Beschaffungspraktiken, die ESG-Standards entsprechen, können Wert und Image eines Unternehmens erheblich steigern. Deshalb empfehle ich dringend, darüber nachzudenken, wie Sie intern und mit Lieferanten arbeiten können, um den Beschaffungsprozess ökologisch, sozial und unternehmerisch verantwortungsvoll zu gestalten. Kriterien, die dabei eine Rolle spielen, sind beispielsweise Ressourcenknappheit, CO2-Fussabdruck, Artenvielfalt, Menschenrechte, Gesundheitsschutz, Compliance und Korruption. Im Folgenden einige Impulse, wie Sie sich ESG annähern:

  • Entwickeln und kommunizieren Sie eine eigene Nachhaltigkeitsstrategie, an der sich alle Beteiligten orientieren können.
  • Prüfen Sie die Geschäftsprozesse in Ihrem Unternehmen, um eine interne Grundlage für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement zu schaffen.
  • Entwickeln Sie auf Basis Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gemeinsam mit Lieferanten Nachhaltigkeitskriterien. Denn Sie können auch von Lieferanten lernen.
  • Seien Sie transparent entlang der gesamten Lieferkette. Stellen Sie dafür kontinuierlich Kennzahlen zur Verfügung.
  • Passen Sie bestehende Verträge an und erweitern Sie sie, wenn nötig.
  • Schulen Sie im Sinne des Risikomanagements Ihre Mitarbeitenden über die komplexen Anforderungen.

Es steht ausser Frage, dass Führungskräfte im Einkauf diese Aufgaben nur in enger Zusammenarbeit mit der Unternehmensführung und anderen Abteilungen umsetzen können.  Vor allem erstgenannte muss sich der Nachhaltigkeit in der Lieferkette verpflichtet fühlen, Massnahmen überwachen, unterstützen und regelmässig Fortschritte überprüfen.

Wenn Herausforderungen zu gross oder komplex sind, um sie allein zu bewältigen, sind Branchenkooperationen und Multi-Stakeholder-Partnerschaften hilfreich. Sie ermöglichen auch kleinen Unternehmen, die über geringe Mittel verfügen, den Aufbau nachhaltiger Lieferketten. Ausserdem erhöhen sie die Reichweite und Wirksamkeit von Massnahmen und helfen, Ressourcen zu bündeln.

Beim Austausch von Best-Practice-Erfahrungen beispielsweise geht es darum, Wissen, Strategien und Instrumente untereinander weiterzugeben. Dies kann sich auf eine Branche beschränken, aber auch darüber hinaus gehen. Weiterhin besteht die Möglichkeit, in Kooperationen gemeinsame Standards zu schaffen und umzusetzen. Diese Kooperationsform ist in der Regel auf eine bestimmte Branche beschränkt. Doch nicht nur die Zusammenarbeit mit Unternehmen, sondern auch mit anderen Stakeholdern kann nützlich sein. Dazu zählen unter anderem nationale und lokale Regierungen, Arbeitnehmenden- und Arbeitgebendenorganisationen, Nichtregierungsorganisationen, Interessenvertretungen, Wissenschaftler:innen und andere Fachleute. Bei vielen ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gegeben.

Keine Frage: Die Umstellung und Umsetzung auf Sustainable Supply Chain Management ist anspruchsvoll und langwierig. Doch bereits mittelfristig werden Unternehmen von den Vorteilen profitieren. Sie können Kosten einsparen, beispielsweise durch reduzierte Energiekosten oder geringeren Verbrauch. Das Risiko für negative Lieferantenpraktiken wie Kinderarbeit, lokale Umweltverschmutzung oder Nichteinhaltung von Umweltvorschriften wird geringer. Durch Preisaufschläge, Einnahmen aus Recyclingprogrammen oder aus neuen, umweltfreundlichen Produkten oder Dienstleistungen steigern sie ihren Umsatz. Und Verbraucher:innen, denen Nachhaltigkeit wichtig ist, suchen aktiv nach ethischen und umweltfreundlichen Produkten, für die sie oft bereit sind, mehr zu zahlen.