Unternehmen, die erfolgreich wachsen, expandieren häufig in neue oder ähnliche Märkte, indem sie beispielsweise neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln. In den meisten Branchen herrscht ein harter Wettbewerb, allen voran in der Technologiebranche. Um der Konkurrenz stets einen Schritt voraus zu sein, sind Innovationen notwendig. Den wenigsten Unternehmen gelingt die Realisierung neuer Produkte oder Dienstleistungen ohne die Unterstützung externer Geschäftspartner. Dies birgt das grosse Risiko, dass geistiges und anderes Eigentum gestohlen, weitergegeben und genutzt wird. Je früher Wettbewerber wissen, dass ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entwickelt wird, desto eher können sie kopieren und Marktanteile zurückerobern. So verliert das ideengebende Unternehmen nicht nur seinen Wettbewerbsvorteil, sondern meist auch viel Geld.

Bei der Entwicklung neuer Innovationen wird in der Regel auch mit Lieferanten zusammengearbeitet. Eine Lieferantenselbstauskunft (auch Supplier Self Disclosure SSD) erfüllt in diesem Fall eine wichtige Funktion und stellt sicher, dass interne Informationen wirklich intern bleiben. In der Lieferantenselbstauskunft gibt der Lieferant dem Kunden so viel Informationen wie möglich. Sie können sowohl beschreibend als auch bewertend sein und Pläne, Erfolge, Ziele, Meinungen und Ansichten zu einer Reihe von Themen umfassen. Der Zweck einer Lieferantenselbstauskunft ist es, einen Überblick über Ansprechpartner:innen, Umsatz, Änderungsmanagement, Qualität und vieles mehr zu erhalten.

Tiefe und Breite der Selbstauskunft hängen davon ab, wie lang und wie eng mit einem Lieferanten zusammengearbeitet werden soll beziehungsweise schon gearbeitet wird. Die Tiefe bezieht sich auf die Sensibilität der geteilten Informationen, während die Breite die Bandbreite der besprochenen Themen bezeichnet. Um als Einkaufsexpert:in auf der sicheren Seite zu sein, empfehle ich, immer das vollständig ausgefüllte Formular zur Selbstauskunft vom Lieferanten anzufordern.

Ein weiterer Schritt auf dem Weg einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist die Vertraulichkeitsvereinbarung (auch Non-Disclosure Agreement, NDA). Sie ist ein rechtlicher Vertrag zwischen dem Unternehmen und dem Lieferanten und soll den beteiligten Parteien Schutz bieten. Sie enthält klar definierte Informationen, die vertraulich und nicht öffentlich zugänglich sind. Es handelt sich dabei um Informationen, deren Bekanntwerden dem Unternehmen (in der Regel finanziellen) Schaden zufügen. Es muss genau geklärt sein, welchen wirtschaftlichen Wert bestimmte Informationen in Angeboten, Verträgen und damit zusammenhängendem Material haben.

Ziel ist es, technische Zeichnungen, Fachwissen, Ergebnisse von Verhandlungen, Expansionspläne etc., die die unterzeichnenden Parteien gemeinsam bearbeiten oder sich darüber austauschen, zu schützen und den Zugang für Dritte zu beschränken. Wichtige Aspekte sind übrigens auch Fragen des Datenschutzes und der Informationsspeicherung, die in Zeiten zunehmender Digitalisierung von grosser Relevanz sind. Auch wenn Sie externe Besucher in Ihrem Unternehmen empfangen, kann es sinnvoll sein, eine Vertraulichkeitsvereinbarung vorzubereiten, beispielsweise wenn gemeinsam die Produktion besichtigt wird und dort Fertigungstechniken ausgeübt oder Materialien bearbeitet werden, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

Wie sieht es eigentlich mit der Schweigepflicht von Mitarbeitenden aus? In vielen Ländern, beispielsweise in der Schweiz und in Deutschland, ist diese per Arbeitsgesetz geregelt. Wenn es um sensible Informationen geht, empfehle ich, explizit noch einmal darauf hinzuweisen.

Wenn Sie mit externen Unternehmen so zusammenarbeiten, dass ein freier Fluss vertraulicher Informationen stattfindet, sollten Sie sich die Mühe machen, eine Selbstauskunft einzufordern und eine Vertraulichkeitsvereinbarung zu erarbeiten. Sie ist ein rechtsgültiger Vertrag, der sie vor Schaden schützen oder zumindest den Schaden mindern kann. Verantwortlich für ihre Unterzeichnung sind bevollmächtigte Personen der obersten Führungsebene.