Wie sich nach zwei Jahren zeigt, hat die Pandemie durchaus positive Entwicklungen angestossen: zum einen hat die Digitalisierung an Fahrt aufgenommen und technologische Innovationen werden vorangetrieben, zum anderen hat sie das Bewusstsein der Menschen – und in Folge von Unternehmen – für Umwelt- und Klimaschutzfragen geschärft. Auf der Soll-Seite stehen die massiven Ein- und Zusammenbrüche der Lieferketten, die das Supply Chain Management geradezu auf den Kopf gestellt haben. Welche Herausforderungen diese Entwicklungen für Einkaufsprofis in den kommenden Monaten mit sich bringen, lesen Sie im Folgenden.

 

Einkauf und Beschaffung neu denken

Wie anfällig Bestände wegen unvorhersehbaren Ereignissen – beispielsweise Streiks, Umweltkatastrophen oder einer Pandemie – sind, wurde im vergangenen Jahr schmerzhaft deutlich. Chip-Krise, steigende Energiepreise, Mangel an Lkw-Fahrern, geringere Personalstände und verspätete oder ganz ausbleibende Lieferungen haben zu Umsatzeinbussen, geringerer Angebotsvielfalt und höheren Einkaufs- und Endkundenpreisen geführt. Die anhaltenden Lieferengpässe werden uns voraussichtlich noch bis Mitte dieses Jahres begleiten. Deshalb müssen Unternehmen zügig Lösungen finden und innovativ sein, um die Verfügbarkeit ihrer Produkte und Waren zu gewährleisten. Wenn sich an der Preisschraube nicht mehr drehen lässt, sind Prozessoptimierungen und höhere Sicherheitsbestände ein wichtiger Schritt in Richtung Gewinnoptimierung. Unter Umständen muss dafür das Bestellwesen ganz neu überdacht werden.

 

Netzwerke für bessere Zusammenarbeit

In der Krise zeigt sich, auf welche Lieferanten Sie zählen können. Deshalb sollten Sie im Rahmen einer Lieferantenkonsolidierung zukünftig nur mit den effizientesten und zuverlässigsten zusammenarbeiten. Beziehen Sie dabei auch Nachhaltigkeitsthemen, Verbesserungen und die gemeinsame Entwicklung von Innovationen ein. Je grösser das Netzwerk, umso besser: produzierende Unternehmen, Logistikdienstleister, Händler, Labore, Techniker:innen etc. können wertvollen Input liefern. Diese Prozesse und damit einhergehende Lösungen müssen effizient und skalierbar sein, was direkt zum nächsten Thema führt.

 

Digitalisierung vorantreiben

Firmenzentrierte Dateninseln und das Bestehen verschiedener Parallelsysteme schlucken Effizienz und Geld, denn sie führen zu Informationsverzögerungen und hohen IT-Kosten. Die richtigen Tools und Plattformen ermöglichen einen sicheren produktions-, abteilungs- und unternehmensübergreifenden Datentransfer und unterstützen Prozesse in Echtzeit. Ergebnis: Sie reduzieren oder optimalerweise tilgen Fehler, Verzögerungen und Ineffizienzen in Bezug auf Bestellungen, Lieferungen, Prognosen, Produktion, Kapazitäten und Lagerbestände. Dadurch wiederum sinken die Kosten und Ihre Wettbewerbsfähigkeit steigt.

 

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen einbinden

Durch die Nutzung innovativer Technologien können Lieferketten effizient, kostenschonend, transparent und nachhaltig organisiert und widerstandsfähiger gemacht werden. Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und Cloud-Computing rücken somit in den Fokus von Beschaffungsprofis. Die drei Technologien sind ausschlaggebend für die Integration von Menschen, Prozessen und Systemen in einer Betriebsumgebung. Die Zusammenarbeit von Menschen und Robotern wird erheblichen Einfluss auf Lieferkettenfunktionen wie Planung, Bedarfsmanagement und Erfüllung haben. Einkaufsmanager:innen sollten stets auf dem neusten Stand sein, welche technologischen Entwicklungen stattfinden und welche für die Optimierung ihrer Lieferketten sinnvoll sind.

 

Nachhaltigkeit als wichtiger Wettbewerbsfaktor

Auch wenn es nicht unmittelbar erkennbar ist, aber der Einfluss von Konsument:innen auf das Supply Chain Management wird immer grösser. Eine wachsende Anzahl von Menschen beginnt umzudenken und achtet bei der Herstellung von Produkten auf die Einhaltung von Arbeits- und Umweltstandards. Dass Unternehmen Themen wie Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung, Kohlendioxidausstoss, Ressourcenverbrauch etc. nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten, zeigen Vorstösse einiger Länder bzw. der EU, die diese Anforderungen sogar gesetzlich verankern möchten. In Deutschland tritt mit diesem Jahr das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Kraft. Prüfen Sie kritisch, welches Potenzial sie noch haben, und kommunizieren Sie transparent, welche Massnahmen Sie bereits ergreifen.

 

Was sehen Sie als grösste Herausforderungen und Chancen in diesem Jahr? Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen.